WSH BRIEF - Anmerkungen zu einer möglichen Rolle Chinas bei der Beilegung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine - eine ökonomische Kalkulation
von Univ.-Prof. Dr. Markus Taube
Der russische Angriff auf die Ukraine hat in erster Linie massives menschliches Leid ausgelöst. Daneben ist er aber auch eine Parabel über exzessive Machtkonzentration, katastrophale Fehleinschätzungen und die Fragilität der ökonomischen Strukturen einer „Friedens-Globalisierung". Der vorliegende Beitrag fokussiert auf diese ökonomische Dimension und insbesondere die Rolle, welche China1 im - bislang auf Wirtschaftssanktionen konzentrierten - Kräftemessen zwischen Russland und der „westlichen Welt" spielt. Für diese spezifische Rolle sind in den letzten Tagen in den Medien diverse Szenarien vorgetragen worden: (i) China würde aus diesem Konflikt als der wahre (und einzige) Gewinner aufsteigen, (ii) China würde Russland dabei unterstützen die westlichen Sanktionen zu unterlaufen und somit einen russischen „Sieg" ermöglichen, (iii) China könne aufgrund seiner wirtschaftlichen Schlüsselstellung als Vermittler auftreten und mäßigend auf das Putin-Regime einwirken. Für jede dieser Thesen gibt es Argumente für und wider; doch sind ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten sehr unterschiedlich. Werfen wir einen Blick auf die konkrete Situation und die strategischen Interessen Chinas.
Wie wird China durch den Krieg in der Ukraine wirtschaftlich getroffen?
Eine negative Betroffenheit Chinas ergibt sich in erster Linie aus dem Ausfall aller wirtschaftlichen Transaktionen mit der Ukraine und der Stilllegung der durch Russland führenden schienengebundenen Neuen Seidenstraße. Die wirtschaftliche Verflechtung Chinas mit der Ukraine war mit einem Handelsvolumen von ca. 19 Mrd. US$ (Exporte plus Importe) insgesamt gesehen nur schwach ausgeprägt. Größere Bedeutung hatte die Ukraine für China einzig als Beschaffungsmarkt für Getreide und Militärtechnologien (militärische Schiffsantriebe). In Hinblick auf den Zugang zu den in der Ukraine verfügbaren Edelgasen und Seltenen Erden, stand China im Konkurrenzkampf mit der EU. Enge Lieferverflechtungen bestanden noch nicht. Eine substantiellere Schädigung chinesischer Interessen erwächst demgegenüber aus der massiven Beeinträchtigung und dem mittelfristig zu erwartenden vollständigen Stillstand der Bahnverbindungen zwischen China und Europa. Hiermit bricht ein, insbesondere während der Corona-Pandemie, sehr erfolgreich aufgebautes Logistik-Modell in sich zusammen.
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