Langfristig tragfähige Staatsverschuldung
Staatsschulden liegen vor, wenn ein Wirtschaftssubjekt einen Rechtsanspruch auf Zahlung einer bestimmten Anzahl von Währungseinheiten gegenüber einer staatlichen Institution hat. Sind Staatsschulden nach inländischem Recht und in inländischer Währung begeben, ist die Position des Gläubigers grundsätzlich schwächer als in einem privatrechtlichen Schuldverhältnis, weil der Staat der Souverän der Währung ist, in der die Rückzahlung zu leisten ist. Zudem ist er Souverän der Rechtsordnung, nach der der Rechtsanspruch des Gläubigers verbrieft ist. Dem Staat stehen damit Möglichkeiten zur Minderung seiner (realen) Schuldenlast zu Gebote, über die ein privater Schuldner nicht verfügt.
Westliche Demokratien nutzen traditionell eine institutionelle Trennung, um dem Gläubiger glaubhaft zu machen, dass sie ihre Gestaltungsmöglichkeiten nicht zum Nachteil des Gläubigers missbrauchen. In idealer Form folgt diese Trennung dem Prinzip der Gewaltenteilung: Entscheidungen über Verschuldung und Schuldendienst liegen bei der Legislative. Hingegen obliegt die Preisstabilität der Währung dem einzigen Teil der Exekutive, der der Kontrolle der Legislative entzogen ist: Einer unabhängigen Zentralbank. Über die Rechtsordnung schließlich wacht eine unabhängige Judikative, die insbesondere rückwirkende Änderungen von gültig zustande gekommenen Rechtsansprüchen als verfassungswidrig unterbindet.
In der Realität ist die Gewaltenteilung unvollkommen: So definiert die Legislative das gesetzliche Mandat der Zentralbank und entscheidet über ihr Führungspersonal. Werden der Zentralbank neben der Wahrung der Preisstabilität andere, zumindest gleichrangige Ziele auferlegt, ergeben sich Einflussmöglichkeiten für den staatlichen Schuldner, seinen realen Schuldendienst durch Geldentwertung zu mindern. Eine Verpflichtung der Zentralbank bspw. auf eine Unterstützung der Wirtschaftspolitik, auf eine Förderung des Wachstums, auf den Klimaschutz oder auf ESG-Ziele (Environmental, Social and Governance) kann - gewollt oder ungewollteine Schwächung des Preisstabilitätsziels und damit eine reale Teilentwertung der Rechtsansprüche von Gläubigern bewirken.
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