WSH TELEX - Wirtschaftskrise bei Vollbeschäftigung 

von Univ.-Prof. Dr. Andre Schmidt

Diese Situation erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich. Die Weltwirtschaft befindet sich nach dem Corona-Schock und der Energieverknappung im Zuge des Ukraine-Kriegs in einer Wirtschaftskrise, das Inlandsprodukt wächst nur sehr schwach oder ist sogar – wie in den USA – über mehrere Quartale rückläufig und trotzdem haben wir in fast allen Volkswirtschaften der Industrieländer weitgehend Vollbeschäftigung. Das gilt sowohl für die Arbeitsmärkte in weiten Teilen der Europäischen Union als auch für die USA. So widersprüchlich dies auf den ersten Blick erscheint, die Auflösung dieser paradoxen Situation lässt sich ökonomisch sehr gut begründen.

In der ökonomischen Konjunkturforschung wird auf den Gütermärkten zwischen zwei Krisenauslösern unterschieden. Da gibt es zunächst den sogenannten Nachfrageschock. Aufgrund eines exogenen Auslösers kommt es zu einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Konsum- und Investitionsgüternachfrage. Auf den Gütermärkten herrscht nun ein Angebotsüberschuss, wodurch die Unternehmen zunächst mit einem Rückgang des Güterangebots reagieren. Die unterausgelasteten Kapazitäten führen explizit zu einem Rückgang der Arbeitsnachfrage der Unternehmen, wodurch bei gleichbleibenden Arbeitsangebot der Haushalte die Arbeitslosigkeit ansteigt. Mit anderen Worten, der Angebotsüberschuss auf den Gütermärkten führt zu einem Angebotsüberschuss auf den Arbeitsmärkten. Gleichzeitig sinken aufgrund der Produktionsrückgänge das Bruttoinlandsprodukt und das gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsniveau. Dieses Szenario beschreibt die klassische Rezession, die zu einem Absinken der Preissteigerungen (Disinflation) oder gar zu sinkenden Preisen (Deflation) führt. Im Ergebnis führt dies zur konjunkturellen bzw. keynesianischen Arbeitslosigkeit.



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WSH-Telex-2023-01-16.pdf

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